Warum nicht alle Anleger des MSCI World seit Jahresbeginn 25 % verloren haben.
An den Börsen reagieren die Anleger seit Beginn des Jahres auf Inflation, Zinsangst und Rezessionssorgen. Der DAX verbucht seit dem Jahresbeginn bereits einen Verlust von über 20 %. Ebenso haben global diversifizierte Indizes wie der MSCI World hohe Verluste im zweistelligen Bereich eingefahren. Anders als beim DAX, der ausschließlich in Euro notierte Aktien enthält, setzt sich der MSCI aber aus Wertpapieren zusammen, die in einer Vielzahl von Währungen notiert sind. Aus diesem Grund sind Anleger Währungsrisiken ausgesetzt, da die Entwicklung der Wechselkurse zwischen den Währungen unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf die erzielte Rendite haben können.
Die Abhängigkeit von verschiedenen Währungen führt dazu, dass die Entwicklung des MSCI World in verschiedenen Währungen unterschiedlich ist, d.h. der MSCI World in US-Dollar zeigt einen anderen Verlauf als in Euro. Der Grund dafür sind Änderungen im Wechselkurs. Da in US-Dollar notierte Aktien den MSCI World schon seit längerer Zeit dominieren, ist der Wechselkurs von Euro zu US-Dollar für die Performance von Anlegern aus der Eurozone entscheidend.
Aus diesem Grund werden wir in diesem Beitrag die Entwicklung des MSCI World in US-Dollar sowie Euro für verschiedene Zeiträume betrachten und teils erhebliche Unterschiede in den Renditen feststellen, die wir mit dem Euro-US-Dollar-Wechselkurs erklären können.
ETFs in USD oder Euro – Relevanz der Fondwährung
Um einen Irrtum vorneweg auszuräumen – häufig wird davon ausgegangen, dass die Fondswährung bzw. Berichtswährung eines ETFs ausschlaggebend für das Währungsrisiko ist. Diese stellt aber nur eine Recheneinheit dar und besitzt für das Währungsrisiko keine Relevanz.
In Deutschland werden ETFs auf den MSCI World in US-Dollar und Euro angeboten. Nehmen wir an ein deutscher Anleger kauft für 100 Euro einen ETF, der nur in Euro notierte Aktien enthält. Die Fondwährung ist aber der US-Dollar und ein ETF-Anteil ist 100 Dollar wert. Um nun zu ermitteln wie viele Anteile der Anleger erwirbt, ist der Wechselkurs von Euro zu US-Dollar entscheidend.
Wir nehmen für unser Rechenbeispiel einfachheitshalber an, dass ein Euro zwei US-Dollar entspricht, d.h. im Depot des Anlegers liegt der ETF-Gegenwert nicht bei 100 Euro, sondern bei 200 US-Dollar und er erwirbt zwei ETF-Anteile. Die deutsche Depotbank weist den Gegenwert der ETF-Anteile wieder in Euro aus und unter Berücksichtigung des Wechselkurses somit den gleichen Wert, der investiert wurde: 100 €.
Die Berichtswährung eines Fonds ist wirtschaftlich bedeutungslos. Entscheidend für das echte Währungsrisiko eines ETFs, ist die abgebildete ökonomische Substanz, also die Aktien.
Unterschiedliche Rendite beim MSCI World in Abhängigkeit von der Währung
Zwar beinhaltet der MSCI World Aktien, die in insgesamt 13 verschiedenen Währungen notiert sind, aber amerikanische Unternehmen dominieren schon seit langer Zeit den Index und besitzen zurzeit eine Gewichtung von über 60 %. Aus diesem Grund ist für deutsche Anleger, die in einen MSCI World ETF investieren, der Wechselkurs von US-Dollar zu Euro entscheidend. Die Fremdwährung mit dem zweithöchsten Gewicht ist der japanische Yen, der aber nur knapp 6 % des Index ausmacht. Diese große Abhängigkeit vom US-Dollar kann einen großen Einfluss auf die Rendite des MSCI World in Euro haben, sollte sich der Wechselkurs von US-Dollar zu Euro stark verändern.
Um dieses Verhalten besser zu verstehen, schauen wir uns im Folgenden zwei Zeiträume an: das Börsenjahr 2020, in dem der Euro im Vergleich zum US-Dollar stark aufwertete, und das aktuelle Börsenjahr 2022, in dem der US-Dollar eine rasante Aufwertung gegenüber dem Euro aufweist.
Die Entwicklung für das Jahr 2020 ist in Abbildung 1 dargestellt.

Erhielt man am Anfang des Jahres nur 1,12 US-Dollar pro Euro waren es am Ende des Jahres 1,23 US-Dollar (unten). Aufgrund des schwachen Dollars und der hohen Gewichtung von US-Aktien, die in US-Dollar notiert sind, mussten sich Anleger aus der Eurozone mit einer deutlich geringeren Rendite zufrieden geben als US-Anleger (oben).
Jahresrendite 2020 MSCI World in US-Dollar | 16,5 % |
Jahresrendite 2020 MSCI World in Euro | 6,9 % |
Eine vollkommen gegensätzliche Entwicklung können wir im aktuellen Börsenjahr beobachten. Der US-Dollar ist als Weltleitwährung in diesem Jahr auf ein 20-Jahres-Hoch geklettert. Hintergrund für die anhaltende Stärke des Dollars ist die im Vergleich zur EZB aggressivere Zinspolitik der Federal Reserve. Der Leitzins befindet sich in den USA bereits bei über 3 %, während er in der Eurozone noch bei 1,25 % liegt. Allerdings sind die steigenden Zinsen nicht der einzige Grund. Der Ukrainekrieg, geopolitische Spannungen und die Aussicht auf eine globale Rezession machen den Dollar als sicheren Hafen attraktiv, da er als Leitwährung in Krisenzeiten als stabiler gilt als andere Währungen.
In Abbildung 2 ist die Entwicklung des Wechselkurses von Euro zu US-Dollar sowie die Wertentwicklung des MSCI World für 2022 dargestellt.

Erhielt man am Anfang des Jahres für einen Euro noch 1,13 US-Dollar, sind es derzeit (14. Oktober) nur noch 0,97. Diese außerordentlich rasante Aufwertung hat dazu geführt, dass Anleger des MSCI World aus der Eurozone weit weniger Verluste hinnehmen mussten als US-Anleger, und dass sie aufgrund der Dominanz von US-Unternehmen im MSCI World vom starken US-Dollar profitiert haben. Während der MSCI World in Euro in diesem Jahr bisher nur 13,6 % verloren hat, liegen die Verluste in US-Dollar fast doppelt so hoch bei 25,4 %.
Jahresrendite 2022 (bis Oktober) MSCI World in US-Dollar | -25,4 % |
Jahresrendite 2022 (bis Oktober) MSCI World in Euro | -13,6 % |
Die beiden Zeiträumen zeigen, dass man bei der Betrachtung von Renditen immer berücksichtigen sollte auf welche Währung sich diese beziehen. Derzeit gibt es in deutschen Medien/Blogs immer wieder Berichte über die hohen Verluste des MSCI World in diesem Jahr, die sich aber auf die für Eurozonen-Anleger irrelevante US-Rendite beziehen, um ein möglichst dramatisches Bild zu zeichnen.
Das hast du schön diplomatisch gesagt, die Medien übertreiben alles Maslos damit sie die Aufmerksamkeit bekommen, auf der anderen Seite ist es anscheinen so dass die Menschen es gerne haben wenn die Welt alle 3 Tage untergeht.
Hallo Adam,
du hast Recht teilweise findet man haarsträubende Übertreibungen von Medien/Finanzmarktexperten, um die Auflage zu erhöhen. Für mich besonders erschreckend sind aber auch Artikel von einigen Qualitätsmedien. Hier ein Bespiel von der Süddeutschen Zeitung „Warum ETF-Anleger jetzt aufpassen müssen“ (leider hinter einer Paywall, aber die entscheidende Aussage steht in der frei verfügbaren Einleitung des Artikels), die im Mai diesen Jahres behauptete der MSCI World hätte 17 % verloren. Da sich die Süddeutsche Zeitung wohl primär an ein deutsches Publikum wendet, sollte man schon drauf hinweisen, dass sich dieser Verlust von 17 % nur auf US-Anleger bezieht, während er sich bei deutschen Anleger je nach genauem Datum auf nur ca. 10 % belief.
Viele Grüße
Stefan